Welches Proteinpulver nehme ich am besten? Soja-Protein, Whey-Protein, Casein, Erbsenprotein? Aus pflanzlicher oder tierischer (Milch) Quelle? Für manche Männer war die Antwort bisher: jedenfalls nicht Soja-Protein, denn es enthält Isoflavone, die dann zu einer erhöhten Produktion weiblicher Hormone führen würden. Auch bei Frauen nach der Menopause war der vermutete hormonelle Effekt nicht erwünscht.

Jetzt gibt es Entwarnung seitens der Wissenschaft: Es ist wohl keine negative Beeinflussung des Hormonhaushaltes von Männern durch Soja-Protein zu erwarten.

Soja Protein, Isoflavone und Östrogenspiegel

Isoflavonoide oder Isoflavone zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen, die zu einer Gelbfärbung beitragen. Sojabohnen (Glycine max (L.) Merr.) weisen einen hohen Gehalt an Isoflavonen auf. Dadurch unterscheiden sie sich von den meisten anderen Hülsenfrüchten (Leguminosae).

Eine Eigenschaft von Isoflavonen schien dabei eine gewisse Zeit dazu geeignet, wenn schon nicht Sojabohnen in Verruf so doch in ein kritisches Licht zu rücken. Der Pflanzenfarbstoff ähnelt in seiner Struktur nämlich dem Geschlechtshormon Östrogen. Isoflavone können daher prinzipiell an die gleichen Rezeptoren andocken, an die sich auch Östrogen hängt.

Damit zählt der Stoff zu den Phytoöstrogenen, die einen östrogenen Effekt bewirken oder auch blockieren können. Die Vermutung ging nun dahin, dass dies unerwünschte Wirkungen insbesondere bei postmenopausalen Frauen sowie generell bei Männern zur Folge haben könnte. Der Produkthinweissojafrei“ gewann so an Werbewirksamkeit.

US-amerikanische Studienübersicht entkräftet Befürchtungen zu Soja Protein

Dr. Mark Messina, der neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der kalifornischen Loma Linda University, USA, Direktor des Soy Nutrition Institute ist, welches auch durch kommerzielle Unternehmen finanziert wird, hat nun eine Studienübersicht zu diesem Thema vorgelegt 1.

Darin belegt er, dass die Untersuchungen, aus welchen auf ein Gefahrenpotential durch Sojaprodukte geschlossen werden kann, auf Studien an Ratten oder Mäusen beruhen. Die Nagetiere verstoffwechseln Isoflavone allerdings ganz anders als der Mensch, weswegen diese Untersuchungen nur eine geringe Aussagekraft haben.

Ein Blick nach Asien, wo Soja zu den Hauptbestandteilen der Ernährung gehört, offenbart zudem, dass Befürchtungen grundlos sind. Es gibt dort keinerlei Anhaltspunkte für eine Isoflavon-bedingte Verweiblichung der Männer, Unfruchtbarkeit oder postmenopausale Beschwerden und Erkrankungen.

Im Gegenteil: Asiatische Frauen haben weit weniger Wechseljahrsbeschwerden wie Schweißausbrüche und Hitzewallungen als ihre Geschlechtsgenossinnen im Westen. Außerdem tritt bei ihnen Brustkrebs seltener auf. Beides führen Wissenschaftler auch auf den hohen Sojakonsum zurück.

EFSA sieht keinen Beleg für schädliche Wirkung bei postmenopausalen Frauen

Unlängst hat auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf diese Faktenlage reagiert. In einer Veröffentlichung vom 21. Oktober 2015 erklärt sie, dass aus wissenschaftlicher Sicht keinerlei Hinweise vorliegen, die auf schädliche Effekte für postmenopausale Frauen durch Isoflavone hinweisen, sofern übliche Dosierungen eingehalten werden 2. Es kann hier also von einer Entwarnung für Soja-Protein und sojahaltige Produkte gesprochen werden.

Soja-Protein unterstützt Herz-Kreislauf-Gesundheit

Messina fügt dem einen Fundus an Untersuchungen an, die Soja-Protein auf einem anderen Gebiet nämlich bezüglich der Herz-Kreislauf-Gesundheit äußerst positive Einflüsse bescheinigen. Hintergrund dafür ist wohl, dass das Zusammenkommen von Aminosäuren in Soja-Protein ungleich hochwertiger ist als bei anderen Hülsenfrüchten.

Außerdem ist die Sojabohne eine hervorragende Quelle für die beiden essentiellen Fettsäuren Linolensäure (Omega-3) und Linolsäure (Omega-6). Aufgrund dieser in vielerlei Hinsicht idealen Zusammensetzung kann sich Soja-Protein, mit allen damit verbundenen Vorteilen für die Herz-Kreislauf-Gesundheit, günstig auf den LDL-Cholesterinspiegel sowie den Blutdruck auswirken.

Portfolio-Diät setzt auf Soja Eiweiß

In seiner Schlussfolgerung schlägt Messina vor, Sojaprotein und Sojaprodukte zu nutzen, um durch sie weniger gesunde Nahrungsmittel zu ersetzen. Als Beispiel gibt er hier die an der Universität Toronto, Kanada, entwickelte Portfolio-Diät an, die das Ziel verfolgt, LDL-Cholesterinwerte zu senken indem unter anderem vermehrt Soja verzehrt wird.

Quellen:

  1. Messina M. Soy and Health Update: Evaluation of the Clinical and Epidemiologic Literature. Nutrients. 2016. 8(12)
  2. Isoflavone in Nahrungsergänzungsmitteln für Frauen nach der Menopause: kein Hinweis auf schädliche Wirkung. European Food Safety Authority. 2015